Der Kaninchenstall
Tess Gunty
06.11.2024
Ausgezeichnet mit dem National Book Award 2022
"Sie war süchtig nach Wissen, denn es lenkte sie von der Feindseligkeit ihres Bewusstseins ab; sie hatte eines jener Gehirne, das sich selbst angreifen würde, sollte man es nicht beschäftigen."
Dies ist die Geschichte der Bewohner:innen eines "Kaninchenstall" genannten Apartmentkomplexes in Vacca Vale, einer im postindustriellen Niedergang befindlichen amerikanischen Stadt. Dort wirft Tess Gunty uns Leser:innen hinein in ein Panoptikum von Figuren, die sich in ihrer Eigentümlichkeit gegenseitig übertreffen und doch alle verbunden sind durch eine – oft irrlichternde – Sehnsucht nach menschlicher Wärme. Heraus sticht dabei die 17-jährige Blandine, die in einer ungewöhnlichen Zweck-WG lebt und auf Rache an jenen sinnt, die der Stadt noch den letzten Fetzen Seele nehmen wollen. So entfesselt sich ein überbordendes Vergnügen zwischen Brutalität und Zärtlichkeit.
Erzählt ist der Roman mit jener eigenwilligen Hysterie, die vor allem der postmodernen Literatur zu eigen ist. Damit rückt Tess Gunty zielgerichtet an eine Facette des Menschseins heran, die so allgegenwärtig wie abstrakt ist: die überwältigend-willkürliche Verzahnung von Banalität und Bedeutsamkeit. Der Kaninchenstall ist ein schillernd-krachender Abgesang auf die Heilsversprechen der gegenwärtigen USA, ein literarischer Wirbelsturm hinter dessen Getöse kaum hörbar das Herz eines verlorenen Mädchens pocht.
ISBN_978-3-462-00713-8
Verlag_Kiepenheuer & Witsch