Erschütterung
Percival Everett
13.11.2023
"Manche Menschen können einfach nicht glücklich sein. Und mit manche Menschen meine ich mich. Es ist nicht so, dass ich mir verloren vorkam oder dass man sich nicht elend fühlen dürfte oder dass ich deprimiert oder trübsinnig sein wollte, sondern ich war nicht wirklich zufrieden, was auch immer 'zufrieden' hieß"
Zugegeben, der Einstieg in diesen Roman gestaltete sich für mich etwas holprig, denn der Autor unterwandert frech die uns komfortablen Gepflogenheiten des Erzählens. Jedoch scheint mir, gerade diese Irritationen sind zwingend Teil dieses Kunststücks in Romanform.
Zu Beginn des Romans steht Zach Wells, ein Geologe, der zunehmend von sich selbst und seinem Leben entrückt wirkt. Dieser leicht surreale Anfang der Geschichte sorgt zunächst für eine ironisch-distanzierte Atmosphäre, die jedoch schlagartig umschlägt, als sich dem Familienvater eine tragische Wahrheit offenbart. Diese Wahrheit – eine tiefe Erschütterung der Lebenswelt des Mannes – wird für Zach zum Ausgangspunkt einer existenziellen Hinterfragung, die weder für ihn noch uns Leser letztlich klar zu fassen ist.
Percival Everett erweist sich als ebenso präziser wie geschickter Erzähler, der mich Stück für Stück in eine Geschichte hineinlockte, an deren Ende ich nun überrascht vom intensiven Nachhall dieser berührenden Leseerfahrung zurückbleibe. Erschütterung ist eine literarische Einladung in die Hohlräume zwischen dem Banal-Bekannten und dem Strikt-Geplanten, eine Erkundung jener Momente, in denen das Leben stolpert.
ISBN_978-3-453-42842-3
Verlag_Heyne