Kruso
Lutz Seiler
19.08.2023
„Ich möchte einen Platz in der Welt, der mich aus allem heraushält. Später war er den Strand entlanggegangen und hatte den Satz aufs Meer hinausgesprochen, wie eine Bitte, aber die Wellen waren zu hoch, das Meer zu laut, und der Wind schob ihm die Worte in den Mund zurück.“
1989, der Student Edgar „Ed“ Bendler macht eine Reise. Vielmehr eine existenzielle Ausweichbewegung, und auch – oder vor allem – eine Flucht. Er reist zu einem legendären Ort, einem Ort, der außerhalb zu liegen scheint: Hiddensee, eine Insel, die er als seine vielleicht letzte Möglichkeit, als vielleicht letzte Chance sieht, sein altes Leben und den darin fiebernden Schmerz hinter sich zu lassen.
Kruso, der Debütroman des Lyrikers Lutz Seiler, ist eine hypnotische Erzählung über die Sehnsucht nach einem eigenen Platz in der Welt, nach selbstbestimmtem Sein. Es ist eine Geschichte, die uns mitnimmt in den Klausner, eine sagenumwobene Gaststätte, die viel mehr als das ist – eine Arche für die „Schiffbrüchigen“ der DDR, die es nach Hiddensee zog in der Hoffnung auf etwas Freiheit. Es ist aber auch die Geschichte Krusos, der als „Kapitän“ des Klausners (wenn nicht gar der ganzen Insel), diesem Freiheitswunsch menschliche Verkörperung geworden ist.
Seiler schreibt in feinster, dichter Prosa und einem, dem Lyriker eigenen, traumwandlerischen Sprachgefühl. Er nimmt uns mit auf eine mythische Reise, die außerhalb von Zeit und Raum ihren Zauber entfaltet und hinter der doch stets der tiefe Ernst großer Unterdrückung lauert – wie die Patrouillenboote vor der Insel, oft im Nebel verborgen, aber nie vergessen.
Und trotzdem: Selten wünschte man sich so sehr, neben die Figuren in die Geschichte hineingestellt zu werden, um für einen kurzen Moment die Magie dieses Ortes gespürt zu haben.
ISBN_978-3-518-46630-8
Verlag_Suhrkamp