Von Norden rollt ein Donner

01.10.2024

Auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2024.

Von Norden rollt ein Donner und verhallt. Blitzlos. Keines der Tiere zuckt, auch der Hirte nicht. Er schaut nicht einmal auf, trottet weiter. Langsam, als würde die Zeit um sie träger fließen, ziehen sie hinaus über das verblühte Land, sacht gewellte Ödnis, gefärbt von braun verholztem Kraut und Sand, wo nichts emporragt außer den Wacholdersträuchen, zerbrochenen Säulen gleich.

Der 19-jährige Hirte Jannes wandert mit seiner kleinen Herde aus Heidschnucken und Ziegen durch die Lüneburger Heide. Was als Auftakt eines idyllischen Heimatporträts scheint, zeigt bald tiefgehende Risse. Die Heimat offenbart sukzessive ihre Narben und die Familien ihre schwärenden Verletzungen. Als dann wieder Wölfe in der Region auftauchen, kommt es zu einer zusätzlichen Störung, denn die Angst vor den Raubtieren treibt die Menschen in die Arme eines Neurechten.

Poetisch und kraftvoll begeistert dieser Roman, der mit notwendiger Düsternis die vergiftende Kraft der Vergangenheit ebenso wie die Gefahren der Gegenwart verhandelt. "Von Norden rollt ein Donner" erzählt hellsichtig vom Dunklen, das in der Heide lauert.