Sein oder Nichtsein

10.06.2023

Wer es nicht schon vorher bereut hat, Peter Zadeks legendäre Hamlet-Inszenierung im Jahre 1999 mit Angela Winkler in der Hauptrolle verpasst zu haben, dürfte dies spätestens nach der Lektüre des Romans "Sein oder Nichtsein" tun.

Der Schauspieler Klaus Pohl, der selbst im Stück den Polonius spielte, verarbeitet darin seine Erinnerungenan die Vorbereitungen und Proben, die in ihrer Verrücktheit amüsieren, schockieren und faszinieren. Eine Zeit, die von allen Beteiligten viel abverlangte, aber in eine der größten Hamlet-Inszenierungen der deutschen Theatergeschichte mündete. Im Mittelpunkt stehen Angela Winkler, die bis zu Fluchtversuchen mit ihrer Rolle als Hamlet haderte, Ulrich Wildgruber, der 1972 selbst als Hamlet das Publikum begeisterte, und nun an seinem Status als Nebenrolle verzweifelte und Regisseur Peter Zadek, bei dem Gnadenlosigkeit und Genialität sich die Hände reichten.

Man liest von dieser vergangenen Theaterwelt, gewinnt einen Einblick in die Reifung eines großen Kunstwerkes, die unter größten Entbehrungen aller Beteiligten vollzogen wurde, die uns in ihrer – heute undenkbaren – Radikalität erschüttert und begeistert. Über allem schwebend die ewige Frage, ob große Kunst vielleicht auch gerade unter äußerst unbequemen Bedingungen entsteht.